Bundesgerichtshof zur wirtschaftlichen Aufklärungspflicht des Behandlers
05.06.2020

Bundesgerichtshof zur wirtschaftlichen Aufklärungspflicht des Behandlers

Bundesgerichtshof zur wirtschaftlichen Aufklärungspflicht des Behandlers

Der Bundesgerichtshof hat am 28.01.2020 entschieden, dass der Behandler die voraussichtlichen Behandlungskosten konkret zu beziffern und ausdrücklich darauf hinzuweisen hat, dass die Kosten nicht durch die private Krankenversicherung übernommen werden könnten. Nur so genügt er der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht gem. § 630c Abs. 3 BGB.


Gemäß § 630c Abs. 3 BGB ist der Behandler zur umfassenden Aufklärung des Patienten verpflichtet. Der Patient soll derart über die bevorstehende Behandlung informiert sein, dass er in der Lage ist, autark die Entscheidung zu treffen, ob er die vorgeschlagene Behandlung wünscht oder eben nicht. Diese Aufklärungspflicht umfasst auch die wirtschaftliche Aufklärung, mit der sich der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 28.01.2020 (Aktenzeichen: VI ZR 92/19) auseinandersetzte.


Im vorliegenden Fall wurde bei der Patientin ein Krampfaderleiden mit dem „VenaSeal closure System“ behandelt. Im Behandlungsvertrag wurde darauf hingewiesen, dass die Behandlung angelehnt an die GOÄ abgerechnet würde, in dieser jedoch nicht gelistet sei.


Die Kosten der Behandlung versuchte die Patientin im Nachgang vergeblich von ihrer privaten Krankenversicherung ersetzt zu verlangen. Diese lehnte die Zahlung mit der Begründung ab, es lägen keine ausreichenden Langzeitstudien vor – die erforderliche Erfolgsprognose könne daher nicht gestellt werden.


Die Pflicht des Behandlers im Rahmen der von ihm geschuldeten wirtschaftlichen Aufklärung sei es, in solchen Fällen, in denen die Kostenübernahme durch den Versicherer nicht gesichert feststeht, den Patienten vor „finanziellen Überraschungen“ zu bewahren.


Bei gesetzlich versicherten Patienten ist dieser Pflicht aufgrund der vom gemeinsamen Bundesausschuss veröffentlichten Richtlinien, die den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen vorgeben, wesentlich leichter nachzukommen, als bei privat Versicherten. Denn nur der privat Versicherte selbst hat aufgrund seines Versicherungsvertrages und seiner persönlichen Erfahrung detailliert Kenntnis darüber, welche Leistungen seine Krankenversicherung erstattet.


Im beschriebenen Fall gingen die Patienten und auch der behandelnde Arzt davon aus, dass die Behandlungskosten erstattet würden.


Der Bundesgerichtshof entschied, dass im vorliegenden Fall diese Unkenntnis zu Lasten des Arztes ging.


Zum einen sei stets die Mitteilung der voraussichtlichen Kosten geschuldet – der Verweis auf die Anlehnung an die GOÄ genügt insoweit nicht. Auch seien für den Behandler, der vorliegend zum „VenaSeal closure System“ geforscht und publiziert hatte, genügend Anhaltspunkte dafür ersichtlich gewesen, dass eine Kostenübernahme insbesondere mangels Langzeitstudien nicht gesichert war. Der Verpflichtung zur umfassenden wirtschaftlichen Aufklärung hat er nicht durch den Hinweis auf die Möglichkeit der Nicht-Übernahme der Kosten im Behandlungsvertrag genüge getan, so der BGH.

Rebekka Kreiling

Rechtsanwältin